Seit April 2023 ist der Ritten mit der GSTC-Zertifizierung, der höchsten internationalen Nachhaltigkeitszertifizierung für den Tourismus, ausgezeichnet. 2024 erhielt die Destination das Nachhaltigkeitslabel Südtirol.
Peter Righi ist seit drei Jahren Nachhaltigkeitsbeauftragter im Tourismusverein Ritten: Er erzählt, warum es so wichtig ist, die Gemeinde und die Bevölkerung in den Prozess einzubinden.
Eine Erfahrung, die er im Zuge seiner Arbeit gemacht hat: „Es ist ungemein wichtig, dass die Gemeinde diesen Prozess mitträgt und selbst an einer Umsetzung von klimapolitischen Zielsetzungen arbeitet.“
Der Rittner Tourismus hat die höchste internationale Nachhaltigkeitszertifizierung: Was hat den Anstoß gegeben, dass die Destination diesen Prozess gestartet hat?
Wir haben uns die Frage gestellt: Wie wollen wir wachsen? Vor allem wirtschaftlich, aber auch gesellschaftlich. Wir haben uns auch gefragt, wieviel Tourismus der Ritten überhaupt verträgt. Dieser Diskurs stand am Anfang des Prozesses. Ich glaube, wir müssen uns weiterentwickeln, besonders im Tourismus. Weg von immer mehr Nächtigungen, hin zu einem nachhaltigen Konzept, das das große Ganze berücksichtigt. Eine Destination ist nicht nur ein Ort, an den ich reise, eine Destination ist eine Dienstleistungskette.
Was meinst du mit Dienstleistungskette?
Ich meine damit, dass man einen Wirtschaftskreislauf generieren muss, der die Bevölkerung miteinbezieht: Fangen wir beim Gastbetrieb an: Die Mitarbeiter kommen, wenn möglich, aus dem Ort. In der Küche werden Produkte aus der Gegend verarbeitet. Teil des Kreislaufes sind dann beispielsweise auch die Skischule, die Skilehrer, die Bergbahn, und die bezieht den Strom aus der Region. Dieses Zusammenspiel macht die Destination aus.
Wie wirkt sich dieses Zusammenspiel auf die Nachhaltigkeitsbestrebungen einer Destination aus?
Wir haben ausgerechnet, wie viel Wertschöpfung der Tourismus am Ritten generiert. Von diesem Kuchen soll die lokale Bevölkerung etwas haben, denn nur so entsteht Gastlichkeit und die ist wichtig, damit sich Gäste bei uns wohlfühlen. Uns als Tourismusverein ist es wichtig, dass alle mitgenommen werden. Wenn wir eine neue Promenade bauen, dann muss sie barrierefrei sein – unsere Gesellschaft altert, Gäste und Bewohner sind mit Kinderwägen unterwegs. Wir müssen alle miteinbeziehen, das ist die soziale Nachhaltigkeit. Die Barrierefreiheit ist ein wichtiger Punkt in unseren Nachhaltigkeitsbestrebungen, das Rittner Bahnl verfügt seit Kurzem beispielsweise über drei Hebebühnen für Rollstühle.
Was waren die Meilensteine auf dem Weg zur Nachhaltigkeitszertifizierung?
Sicherlich das Strategiepapier, das wir zusammen mit dem Ökoinstitut Südtirol in Workshops ausgearbeitet haben. Gleich beim ersten Workshop haben wir die Bevölkerung eingeladen und es sind unglaublich viele gekommen. Privatpersonen, Vereinigungen, der Jugenddienst, die Organisatoren vom Rock im Ring, die Kaufleute. Alle nehmen unsere Nachhaltigkeitsbestrebungen sehr erst, das erleichtert unsere Arbeit extrem. In einem zweiten Schritt haben wir aktiv auch Institutionen wie die Bergbahn und die Ritten Arena mit ins Boot geholt. Die Zusammenarbeit mit Stakeholdern ist essenziel.
Ritten ist als KlimaGemeinde zertifiziert. Hat das die Arbeit für den Tourismusverein erleichtert?
Ja, das ist enorm hilfreich, weil so alle die gleichen Ziele haben und sich auf Augenhöhe begegnen: Jede Destination, die die Entscheidung trifft, sich zertifizieren zu lassen, sollte mit der Gemeinde sprechen, damit man gemeinsam diesen Weg gehen kann. Die Gemeinde Ritten hat als KlimaGemeinde verschiedene Jahresthemen, die sie bearbeitet: Energie, Abfallreduzierung, Mobilität waren es die letzten Jahre. Wir als Tourismusverein haben diese Themen aufgegriffen und Maßnahmen ausgearbeitet.
Stichwort Mobilität: Welche Maßnahmen wurden im Rahmen des Zertifizierungsprozesses gesetzt?
Wir arbeiten schon seit jeher an einer nachhaltigen Mobilität am Ritten, nicht erst seit dem Zertifizierungsprozess. Uns hat der Tourismus kein Verkehrschaos beschert, weil wir einfach gut aufgestellt sind: Beispielsweise die Buslinie nach Pemmern, also zur Talstation der Bergbahn Rittner Horn. Dank der Buslinie müssen wir den Parkplatz dort nicht ausbauen, denn: auch ruhender Verkehr ist Verkehr. Heute fahren auf der Linie 70.000 Leute, die Seilbahn von Bozen nach Oberbozen transportiert mehr als eine Million, das Rittner Bahnl 700.000. Durch die starke Nutzung dieser Linien werden eben auch die schwachen Linien mitfinanziert, das kapilläre Versorgungssystem kann so erhalten werden, also auch kleinere Linien. Und davon profitieren wieder alle.
Welches Schwerpunktthema im Bereich Tourismus, möchte der Ritten als nächstes in Angriff nehmen?
Die Betriebe, auch kleinere, dazu zu bewegen, ihren CO2-Fußabdruck zu messen. Wir möchten sie dabei begleiten und sie darin unterstützen, konkrete Maßnahmen zu setzen, damit sie beispielsweise Wasser oder Storm einsparen können.
Was sind für Sie klare Vorteile, die mit dem GSTC-Zertifikat bzw. dem Nachhaltigkeitslabel Südtirol einhergehen – was hat eine Destination davon, sich zertifizieren zu lassen?
Durch das Nachhaltigkeitslabel sind wir vergleichbar mit anderen – namhaften – Destinationen. Wir haben hart gearbeitet und freuen uns über das Zertifikat, das ist schon eine Genugtuung. Man muss dazusagen: Die Voraussetzungen für so ein Zertifikat schaffen nicht alle, es braucht ein gutes Management, das kulturell und ökologisch nachhaltig denkt, und auch in das sozioökonomische System einwirkt.