Michael Zimmerhofer ist seit 10 Jahren Präsident des Tourismusvereins Ahrntal. Sein Ziel: besserer Austausch zu lokalen Problemen. Sein Credo: Ein „ehrliches Ohr“ haben, also nicht nur zuhören, sondern verstehen und gemeinsam an Lösungen arbeiten wollen.
Seine Plattform „Der Kleine Marktplatz“ will Kommunikationsmöglichkeiten bieten und funktioniert ähnlich wie eine Kontaktbörse. Produzenten und Tourismusbetriebe, Restaurants können unverbindliche Inserate einstellen und es ergibt sich ein für beide praktischer Überblick über Angebot und Nachfrage.
Die Projektgruppe arbeitet bereits mit mehreren Tourismusvereinen in ganz Südtirol zusammen und will das Konzept künftig auf weitere Destinationen ausweiten.
Wie entstand die Idee für das Projekt „Der Kleine Marktplatz“?
Als Tourismusverein vermissen wir seit Jahren den direkten Austausch zwischen Tourismus und Bauern. Die ausschlaggebende Frage war: Wie muss der andere arbeiten, sodass eine Zusammenarbeit funktionieren kann? Dafür haben wir uns mit Pionier Walter Steger und Michael Hofer, Bauer und Vorstandsmitglied im TV, sowie Sieghart Hainz vom örtlichen Bauernbund zusammengesetzt, um herauszufinden, wie wir die Landwirte unterstützen und fördern können. Das Ergebnis: sich Mitteilen können und dürfen.
Da setzt der Kleine Marktplatz an.
Genau: Der Bauer hat keine Kontakte zu potenziellen Abnehmern, er kennt die Köche nicht, ist kein Vertreter – so entstand die Idee, eine Plattform aufzubauen, wo wir alles einfügen, was von den Produzenten kommt. Der Kleine Marktplatz stellt einmal genau diese Kontakte her. Der Käufer hat die Möglichkeit lokale Produkte von höchster Qualität weiterzuverarbeiten, der Produzent muss nicht auf Umwegen ins Ausland verkaufen. Dazu müssen aber die entsprechenden Kommunikationswege geschaffen werden.
Das Konzept ist simpel: kleine Anzeigen ohne Verbindlichkeit, reinstellen, verschicken, lesen. Was kann so ein Inserat erreichen?
Es besteht ein gewisses Kommunikationsproblem, entweder kommen Landwirte und Touristiker gar nicht erst zum Reden oder es entstehen Diskussionen. Sich dieser Diskussion zu stellen, ist zeitaufwändig. Der kleine Marktplatz bietet die Möglichkeit zum konstruktiven Austausch, indem er ein Verständnis für die jeweils andere Seite fördert, ohne Platz für Vorwürfe oder harte Forderungen zu lassen. Dafür müssen die Parteien auch bestimmte Schritte aufeinander zu machen.
Wie funktioniert das konkret?
Die Plattform eignet sich zum einen für kurzfristige Einstellungen: Ich bräuchte nächste Woche für mein Restaurant die Produkte X und Y, wer hat die gerade? Für viele Gastbetriebe ist das ein Lernprozess: Lebensmittel müssen wachsen – heute sind wir es gewohnt, dass immer alles verfügbar ist. Lokal ist das eben nicht so, dann gibt es das Produkt eben mal nicht.
Wichtiger sind die Inserate für das „Sondieren“, wie ich es nenne. Der Produzent könnte heute schon sagen: In zwei Jahren habe ich zwei Rinder zu verkaufen, ich würde sie für dich züchten, sag mir, was du brauchst. Es geht darum, das Interesse zu erspüren.
Für welche landwirtschaftlichen Betriebe eignet sich der Marktplatz in dieser Hinsicht?
Es ist nicht für jeden Landwirt etwas. Ein Milchbauer, zum Beispiel, der seine Milch seit Jahren zum Milchhof liefert, seine Kanäle schon hat, braucht die Plattform auch nicht. Interessant ist das Ganze für kleine Betriebe und für jemanden, der vielleicht gerade umstellen will. Hier findet er sicher Inspiration, Lücken – und natürlich wichtige Kontakte.
Das Portal gibt es seit circa einem Jahr. Wie viele Mitglieder sind es bisher? Was sind die Learnings?
Wir haben schnell gemerkt, dass es B2B sein muss und keine Privatpersonen als Nutzer:innen in Frage kommen. Mit dem lokalen Handel musste erst ein Weg gefunden werden – ein beidseitiges Übereinkommen stellt nun sicher, dass die Plattform keine Konkurrenz darstellt und umgekehrt auch der Handel Abnehmer für die Produzent:innen ist.
Derzeit sind 482 Käufer und 89 Produzenten registriert – verteilt auf alle Destinationen. Die Tourismusbetriebe, die beim jeweiligen Tourismusverein sind, werden automatisch Mitglied. Die Suche nach den Produzenten war schwieriger, es lief vieles über Mundwerbung. Wir haben jeden Produzenten, der uns angeschrieben hat, angenommen.
Der kleine Marktplatz legt großen Wert darauf, Personen mit echtem Interesse zusammenzubringen. Sie haben die Plattform selbst programmiert. Wie werden die Inserate moderiert?
Eine Art „Moderation“ erfolgt über die Entscheidung, wer aufgenommen wird. Die Anmeldungen prüfe ich persönlich, um sicher zu sein, dass sich auf der Plattform die richtigen Partner finden. Wir sind weder Händler noch Lieferanten, wir können nur Kontakte herstellen. Ob sich auf die Inserate jemand meldet oder nicht, können wir nicht beeinflussen.
Was ist das Ziel für 2025?
Wir wollen das Projekt auf andere Regionen ausweiten, denn der Bedarf ist da. Mit Michael Hinteregger, ehemaliger Geschäftsführer der Tourismusgenossenschaft Klausen und zweiter Kopf hinter dem Projekt, sprechen wir mit Tourismusorganisationen in ganz Südtirol. Derzeit sind wir mit Südtiroler Unterland, Villnöss, Klausen und Eppan im Austausch. Die Tourismusvereine sind der ideale Ausgangspunkt – sie haben die Kontakte vor Ort – in die Küche – und genau da will der Landwirt hin.